lirik lagu wolf biermann - die bibelballade
[songtext zu „die bibelballade“]
[intro]
die roten fahn’n hing’n alle grau und krank im regenhimmel rum
aus mancher fensterbank erbrach das fahnentuch vor scham sein letztes rot
da kamst du hergetanzt, mit unterm arm die schuh’, verschlung’n hast du mich, stück weggeworfen brot, in diesem land, wo alle satt sind
aber du, du warst mein neues deutschland und mein alter traum von küssen unterm großen kirschenbaum
[strophe 1]
ach, es geht mir wie einem, der im wеinberge nachliest, da man kеine trauben findet zu essen und wollte doch gern die besten früchte haben
die frommen leute sind weg in diesem lande und die gerechten sind nicht mehr unter den leuten
sie lauem alle auf blut, ein jeglicher jagt den andern, dass er ihn verderbe, und mein’n, sie tun wohl daran, wenn sie böses tun
was der fürst will, das spricht der richter, dass er ihm wieder ein’n dienst tun soll
die gewaltigen raten nach ihrem mutwillen schaden zu tun und drehen’s wie sie woll’n, und drehen’s wie sie wollen
niemand glaube seinem nächsten, niemand verlasse sich auf fürsten, bewahre die tür deines mundes, bewahre die tür deines mundes vor der
bewahre die tür deines mundes vor der, die in dein’n armen schläft
[refrain]
das weiß ich doch selber, der knüppel, du krüppel, der arme knüppel, er kann nichts dafür
und trotzdem, es ist ja der dreimal verfluchte, der knüppel, den ich auf dem rücken spür
ach warum, warum musste sich mein liebes liebchen gegen mich so prompt zum knüppel machen, zum knüppel machen lassen?
aus liebe kommt, ach das tut weh, aus liebe kommt so prompt das blinde hassen
[strophe 2]
und es begab sich im fünfundzwanzigsten jahr der deutschen demokratischen republik
da ließen die herrschenden sich vom volk ein gewaltiges haus bau’n mitten in berlin auf dem marx~engels~platz und sie gaben dem bau diesen nam’n: „palast der republik“
da sagten die bauarbeiter: „das ist uns ein herrlicher sozialismus, mit einem palast in der mitte“
da tauften die k~mpels das werk ihrer hände „palatzo di protzoc“
„palatzo di protzoc“, und lachten untereinander und bauten weiter
und als der beton gegossen wurde und die stahlkonstruktion wuchs in den geteilten himmel dieser stadt
da schlief ich lange nächte bei meiner liebsten und ihr vater war beim palastbau direktor für projektierung und mitglied der bezirksleitung des großen vereins
da kauften seine genossen von der staatssicherheit sich den vater und sagten ihm: „du, deine tochter, entweder sie geht weg von diesem menschen oder du kannst beim palast deinen posten nicht länger behalten“
[refrain]
das weiß ich doch selber, die kugel, du kluge, die arme kugel, sie kann nichts dafür
und trotzdem, es ist ja die dreimal verfluchte, die kugel, die ich jetzt im bauche spür’
ach warum, warum musste sich mein liebes liebchen gegen mich so prompt zur kugel machen, zur kugel machen lassen?
aus liebe kommt, ach das tut weh, aus liebe kommt so prompt das blinde hassen
[strophe 3]
ich wandte mich und sah an, alles unrecht, das geschah unter der sonne und siehe, da war’n tränen derer, so unrecht litten und hatten kein’n tröster
und die ihnen unrecht taten, war’n zu mächtig, sodass sie keinen tröster haben konnten
ich sah an arbeit und geschicklichkeit in allen sachen, dann neidet einer den andern, das ist auch eitel und haschen nach wind
ein narr schlägt die finger ineinander und verzehrt sich selbst
so ist’s ja besser zwei als eins, denn sie genießen doch ihrer arbeit wohl
fällt ihrer einer, so hilft sein gesell ihm auf, weh dem, der allein ist, wenn er fällt, so ist kein anderer da, der ihm aufhelfe
auch wenn zwei beieinander liegen, wärmen sie sich
wie kann ein einzelner warm werden? einer kann überwältigt werden. aber zwei mögen widersteh’n
[refrain]
das weiß ich doch selber, das messer, du fresser, das arme messer, es kann nichts dafür
und trotzdem, es ist ja das dreimal verfluchte, das messer, das ich an der kehle spür
ach warum, warum musste sich meine liebes liebchen gegen mich so prompt zum messer machen, zum messer machen lassen?
aus liebe kommt, ach das tu weh, aus liebe kommt so prompt das blinde hassen
[outro]
kennst du mich noch? ich kenn’ mich selbst nicht mehr
seit du mir schweigst, bin ich von allem leben leer und seh’ nicht, kann nicht, mag nicht, will nicht und seh’ doch
reif ist das jahr, die kirschen platzen auf vor l~st und ich lieg’ eingemauert hier im loch und halt mein herz fest in der aufgebroch’nen brust
dass es nicht auf die straße springt und schreit, wenn du im blauhemd hier vorbeimarschierst mit sand im schuh
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