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lirik lagu franz liszt - lenore

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lenore fuhr ums morgenrot
empor aus schweren träumen:
“bist untreu, wilhelm, oder tot?
wie lange willst du säumen?” ~
er war mit könig friedrichs macht
gezogen in die prager schlacht
und hatte nicht geschrieben:
ob er gesund geblieben

der könig und die kaiserin
des langen haders müde
erweichten ihren harten sinn
und machten endlich friede;
und jedes heer, mit sing und sang
mit paukenschlag und kling und klang
geschmückt mit grünen reisern
zog heim zu seinen häusern

und überall all überall
auf wegen und auf stegen
zog alt und jung dem jubelschall
der kommenden entgegen
gottlob! rief kind und gattin laut
willkommen! manche frohe braut
ach! aber für lenoren
war gruß und kuß verloren
sie frug den zug wohl auf und ab
und frug nach allen namen;
doch keiner war, der kundschaft gab
von allen, so da kamen
als nun das heer vorüber war
zerraufte sie ihr rabenhaar
und warf sich hin zur erde
mit wütiger gebärde

die mutter lief wohl hin zu ihr: ~
“ach, daß sich gott erbarme!
du trautes kind, was ist mit dir?” ~
und schloß sie in die arme. ~
“o mutter, mutter! hin ist hin!
nun fahre welt und alles hin!
bei gott ist kein erbarmen
o weh, o weh mir armen!” ~

“hilf gott, hilf! sieh uns gnädig an!
kind, bet ein vaterunser!
was gott tut, das ist wohlgetan
gott, gott erbarmt sich unser!” ~
“o mutter, mutter! eitler wahn!
gott hat an mir nicht wohlgetan!
was half, was half mein beten?
nun ist’s nicht mehr vonnöten.” ~
“hilf gott, hilf! wer den vater kennt
der weiß, er hilft den kindern
das hochgelobte sakrament
wird deinen jammer lindern.” ~
“o mutter, mutter! was mich brennt
das lindert mir kein sakrament!
kein sakrament mag leben
den toten wiedergeben.” ~

“hör, kind! wie, wenn der falsche mann
im fernen ungerlande
sich seines glaubens abgetan
zum neuen ehebande?
laß fahren, kind, sein herz dahin!
er hat es nimmermehr gewinn!
wann seel und leib sich trennen
wird ihn sein meineid brennen.” ~

“o mutter, mutter! hin ist hin!
verloren ist verloren!
der tod, der tod ist mein gewinn!
o wär ich nie geboren!
lisch aus, mein licht, auf ewig aus!
stirb hin, stirb hin in nacht und graus!
bei gott ist kein erbarmen
o weh, o weh mir armen!” ~
“hilf gott, hilf! geh nicht ins gericht
mit deinem armen kinde!
sie weiß nicht, was die zunge spricht
behalt ihr nicht die sünde!
ach, kind, vergiß dein irdisch leid
und denk an gott und seligkeit!
so wird doch deiner seelen
der bräutigam nicht fehlen.” ~

“o mutter! was ist seligkeit?
o mutter! was ist hölle?
bei ihm, bei ihm ist seligkeit
und ohne wilhelm hölle! ~
lisch aus, mein licht, auf ewig aus!
stirb hin, stirb hin in nacht und graus!
ohn ihn mag ich auf erden
mag dort nicht selig werden.” ~ ~ ~

so wütete verzweifelung
ihr in gehirn und adern
sie fuhr mit gottes vorsehung
vermessen fort zu hadern;
zerschlug den busen, und zerrang
die hand, bis sonnenuntergang
bis auf am himmelsbogen
die goldnen sterne zogen

und außen, horch! ging’s trapp trapp trapp
als wie von rosseshufen;
und klirrend stieg ein reiter ab
an des geländers stufen;
und horch! und horch! den pfortenring
ganz lose, leise, klinglingling!
dann kamen durch die pforte
vernehmlich diese worte:

“holla, holla! tu auf mein kind!
schläfst, liebchen, oder wachst du?
wie bist noch gegen mich gesinnt?
und weinest oder lachst du?” ~
“ach, wilhelm, du? ~ ~ so spät bei nacht? ~ ~
geweinet hab ich und gewacht;
ach, großes leid erlitten!
wo kommst du hergeritten?” ~

“wir satteln nur um mitternacht
weit ritt ich her von böhmen
ich habe spät mich aufgemacht
und will dich mit mir nehmen.” ~
“ach, wilhelm, erst herein geschwind!
den hagedorn durchsaust der wind
herein, in meinen armen
herzliebster, zu erwarmen!” ~

“laß sausen durch den hagedorn
laß sausen, kind, laß sausen!
der rappe scharrt; es klirrt der sp~rn
ich darf allhier nicht hausen
komm, schürze, spring und schwinge dich
auf meinen rappen hinter mich!
muß heut noch hundert meilen
mit dir ins brautbett eilen.” ~

“ach! wolltest hundert meilen noch
mich heut ins brautbett tragen?
und horch! es brummt die glocke noch
die elf schon angeschlagen.” ~
“sieh hin, sieh her! der mond scheint h~ll
wir und die toten reiten schnell
ich bringe dich, zur wette
noch heut ins hochzeitbette.” ~

“sag an, wo ist dein kämmerlein?
wo? wie dein hochzeitbettchen?” ~
“weit, weit von hier! ~ ~ still, kühl und klein! ~ ~
sechs bretter und zwei brettchen!” ~
“hat’s raum für mich?” ~ “für dich und mich!
komm, schürze, spring und schwinge dich!
die hochzeitgäste hoffen;
die kammer steht uns offen.” ~

schön liebchen schürzte, sprang und schw~ng
sich auf das roß behende;
wohl um den trauten reiter schlang
sie ihre liljenhände;
und hurre hurre, hopp hopp hopp!
ging’s fort in sausendem galopp
daß roß und reiter schn0ben
und kies und funken stoben

zur rechten und zur linken hand
vorbei vor ihren bl!cken
wie flogen anger, heid und land!
wie donnerten die brücken! ~
“graut liebchen auch? ~ ~ der mond scheint h~ll!
hurra! die toten reiten schnell!
graut liebchen auch vor toten?” ~
“ach nein! ~ ~ doch laß die toten! ~

was klang dort für gesang und klang?
was flatterten die raben? ~ ~
horch glockenklang! horch totensang:
“laßt uns den leib begraben!”
und näher zog ein leichenzug
der sarg und totenbahre trug
das lied war zu vergleichen
dem unkenruf in teichen

“nach mitternacht begrabt den leib
mit klang und sang und klage!
jetzt führ ich heim mein junges weib
mit, mit zum brautgelage!
komm, küster, hier! komm mit dem chor
und gurgle mir das brautlied vor!
komm, pfaff, und sprich den segen
eh wir zu bett uns legen!” ~

still, klang und sang. ~ ~ die bahre schwand. ~ ~
gehorsam seinem rufen
kam’s, hurre hurre! nachgerannt
hart hinter’s rappen hufen
und immer weiter, hopp hopp hopp!
ging’s fort in sausendem galopp
daß roß und reiter schn0ben
und kies und funken stoben

wie flogen rechts, wie flogen links
gebirge, bäum und hecken!
wie flogen links, und rechts, und links
die dörfer, städt und flecken! ~
“graut liebchen auch? ~ ~ der mond scheint h~ll!
hurra! die toten reiten schnell!
graut liebchen auch vor toten?” ~
“ach! laß sie ruhn, die toten!” ~

sieh da! sieh da! am hochgericht
tanzt’ um des rades spindel
halb sichtbarlich bei mondenlicht
ein luftiges gesindel. ~
“sasa! gesindel, hier! komm hier!
gesindel, komm und folge mir!
tanz uns den hochzeitreigen
wann wir zu bette steigen!” ~

und das gesindel husch husch husch!
kam hinten nachgeprasselt
wie wirbelwind am haselbusch
durch dürre blätter rasselt
und weiter, weiter, hopp hopp hopp!
ging’s fort in sausendem galopp
daß roß und reiter schn0ben
und kies und funken stoben

wie flog, was rund der mond beschien
wie flog es in die ferne!
wie flogen oben über hin
der himmel und die sterne! ~
“graut liebchen auch? ~ ~ der mond scheint h~ll!
hurra! die toten reiten schnell!
graut liebchen auch vor toten?” ~
“o weh! laß ruhn die toten!” ~ ~ ~

“rapp’! rapp’! mich dünkt der hahn schon ruft. ~ ~
bald wird der sand verrinnen ~ ~
rapp’! rapp’! ich wittre morgenluft ~ ~
rapp’! tummle dich von hinnen! ~
vollbracht, vollbracht ist unser lauf!
das hochzeitbette tut sich auf!
die toten reiten schnelle!
wir sind, wir sind zur stelle.” ~ ~ ~

rasch auf ein eisern gittertor
ging’s mit verhängtem zügel
mit schw~nker gert’ ein schlag davor
zersprengte schloß und riegel
die flügel flogen klirrend auf
und über gräber ging der lauf
es blinkten leichensteine
rundum im mondenscheine

ha sieh! ha sieh! im augenbl!ck
huhu! ein gräßlich wunder!
des reiters koller, stück für stück
fiel ab, wie mürber zunder
zum schädel, ohne zopf und schopf
zum nackten schädel ward sein kopf;
sein körper zum gerippe
mit stundenglas und hippe

hoch bäumte sich, wild schn0b der rapp’
und sprühte feuerfunken;
und hui! war’s unter ihr hinab
verschwunden und versunken
geheul! geheul aus hoher luft
gewinsel kam aus tiefer gruft
lenorens herz, mit beben
rang zwischen tod und leben

nun tanzten wohl bei mondenglanz
rundum herum im kreise
die geister einen kettentanz
und heulten diese weise:
“geduld! geduld! wenn’s herz auch bricht!
mit gott im himmel hadre nicht!
des leibes bist du ledig;
gott sei der seele gnädig!”


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