lirik lagu franz josef degenhardt - wölfe mitten im mai
august, der schäfer, hat wölfe gehört
wölfe mitte im mai –
zwar nur zwei –
doch der schäfer, der schwört
die hätten zusammen das fraßlied geheult
das aus früherer zeit
und er schreit
und sein hut ist verbeult –
schreit: “rasch, holt die sensen, sonst ist es zu spät –
schlagt sie tot, noch ehe der hahn dreimal kräht!”
doch wer hört schon auf einen alten hut
und ist auf der hut –
und ist auf der hut?
august der schäfer, ward niemehr geseh’n –
nur sein alter hut
voller blut
schwamm im bach. cirka zehn
hat dann später das dorfhexenkind
nachts im steinbruch entdeckt –
blutbefleckt
und die schnauzen im wind!
dem kind hat die mutter den mund zugehext
hat geflüstert: “bist still oder du verreckst!
wer den bösen wolf nicht vergisst, mein kind
bleibt immer ein kind –
bleibt immer ein kind!”
schon schnappten hunde den wind, und im hag
rochen rosen nach aas
kein schwein fraß
eulen jagten am tag!
hühner verscharrten die eier im sand
speck im fang wurde weich
aus dem teich
krochen karpfen ans land!
da haben die greise zahnlos gelacht
gezischelt: “wir haben’s gleich gesagt!
düngt die felder wieder mit altem mist
sonst ist alles mist –
sonst ist alles mist!”
dann, zu johannis, beim feuertanzfesr –
keiner weiß heut’ mehr wie –
waren sie
plötzlich da! aus geäst
sprangen sie in den tanzkreis – zu schnell
bissen bräute ins gras
und zu bl-ss
schien der mond – aber h-ll
h-ll brannte feuer aus trockenem moos
brannte der wald bis hinunter zum fluß!
“kinder, spielt – vom rauch dort wissen wir nichts
und riechen auch nichts –
und riechen auch nichts!”
“jetzt kommen zeiten, da heißt es, heraus
mit dem gold aus dem mund –
seid klug und
wühlt euch gräben ums haus!
gebt eure töchter dem rohesten knecht –
jenem, der noch zur not
nicht nur brot
mit den zähnen aufbricht!”
so sang der verschmuddelte bauchladenmann
und pries amulette aus wolfszähnen an!
“wickelt stroh und stacheldraht um den hals
und haltet den hals –
und haltet den hals!”
was ist dann doch in den häusern p-ssiert?
bisse in balken und bett!
welches fett
hat den rauchfang verschmiert?
wer gab den wölfen die kreide, das mehl
stäubte die pfoten weiß?
welcher geiß
glich das ziegengebell?
und hat sich ein siebentes geißlein versteckt –
wurden wackersteine im brunnen entdeckt?
viele fragen, die nur einer hören will
der stören will –
der stören will!
doch jener knecht mit dem wildschweingebrech –
heut’ ein touristenziel –
weiß, wieviel
da geschah! aber frech
hockt er im käfig, frißt blutwurst und lacht
wenn man ihn fragt – und nur
schlag null uhr
zur johannisnacht
wenn von den bergen das feuerrad springt
die touristenschar fröhlich das fraßlied singt
beißt er wild ins gitter, schreit: “schluß mit dem lied –
‘s ist ein garstig lied –
‘s ist ein garstig lied!”
august, der schäfer, hat wölfe gehört
wölfe mitten im mai –
mehr als zwei!
und der schäfer, der schwört
die hätten zusammen das fraßlied geheult
das aus früherer zeit
und er schreit
und sein hut ist verbeult –
schreit: “rasch, holt die sensen, sonst ist es zu spät –
schlagt sie tot, noch ehe der hahn dreimal kräht!”
doch wer hört schon auf einen alten hut
und ist auf der hut –
und ist auf der hut?
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